Räume schaffen für Entwicklung – Schulsozialarbeit an der Heinrich-Meidinger-Schule
Seit September 2024 gibt es auch an der Heinrich-Meidinger-Schule Schulsozialarbeit – und mit Ben Bohnert einen Kollegen, der gleich spürbar neue Akzente gesetzt hat.
Wer das funktionale Schulgebäude der Heinrich-Meidinger-Schule in Karlsruhe verlässt und über den Schulhof in das ehemalige Hausmeisterhaus tritt, kommt in eine ganz andere Welt. Das denkmalgeschützte Backsteingebäude mit Sandsteinportal aus dem späten 19. Jahrhundert ist frisch renoviert und beherbergt seit Herbst 2024 die Schulsozialarbeit – und damit das neue berufliche Zuhause von Ben Bohnert.
Bohnerts Büro im Erdgeschoss erinnert eher an ein Jugendzentrum als an einen Beratungsraum: An der Wand hängen Konzertplakate, neben dem Schreibtisch steht ein Mikrofon samt Kopfhörer. Mit wenigen Handgriffen verwandelt sich der Raum in ein kleines Musikstudio. Denn Bohnert ist nicht nur Sozialpädagoge, sondern auch Musiker – und nutzt Rap ganz gezielt als pädagogisches Mittel.
Rap als Ausdrucksform und Vertrauensbasis
"Ich möchte den Jugendlichen Räume geben, in denen sie sich ausdrücken können – mit dem, was sie bewegt", sagt Bohnert. Ein Schüler, der im Unterricht als schwierig galt, suchte in den Pausen regelmäßig das Büro auf – um zu rappen. Er hatte gerade mit dem Rauchen aufgehört und suchte Ablenkung. Aus der Enttäuschung über die nicht bestandene Führerscheinprüfung wurde schließlich ein Song: „Prüfung verkackt“. Über die Musik entstand ein Vertrauensverhältnis – ein zentraler Baustein der Schulsozialarbeit.
Mit einer ganzen Klasse arbeitete Bohnert sogar an einem gemeinsamen Song , den sie beim Wettbewerb „Dein Song für EINE WELT“ einreichten – ein Projekt, das zeigt, wie kreativ und partizipativ Schulsozialarbeit wirken kann.
Hier den Song LEISE SEHNSUCHT hören
Räume im doppelten Sinn
Doch nicht nur musikalisch schafft Bohnert Räume. Im Obergeschoss des Hauses hat er zwei gemütliche Zimmer eingerichtet – mit Sofas, einem Kicker und Platz zum Reden, Spielen oder einfach Entspannen. "Eines Tages klopften Schüler an und fragten, ob sie in meinem Büro Karten spielen können", erzählt er. "Da wurde mir klar: Es gibt in der Schule eigentlich keinen richtigen Aufenthaltsraum."
Die Ausstattung stammt aus Zweiter Hand – den Kicker hat Bohnert über Kleinanzeigen gefunden, Möbel kommen aus dem afka-Gebrauchtmöbelladen Bär29. Die Räume sind offen, solange Bohnert im Haus ist – ohne Aufsicht, aber mit Vertrauen. „Das funktioniert bisher sehr gut“, sagt er.
Individuell, kreativ, wirksam
Die Heinrich-Meidinger-Schule ist die zwölfte und letzte öffentliche Berufsschule in Karlsruhe, an der die afka Schulsozialarbeit eingerichtet hat. Der Auftrag der Schulsozialarbeit ist überall gleich, die Ausgestaltung an den einzelnen Schulen hingegen ist abhängig von den räumlichen Gegebenheiten, den Bedarfen der Schüler*innen und von den persönlichen Stärken und Schwerpunkten der jeweiligen Schulsozialarbeiter*innen.
"Schule ist mehr als Unterricht. Sie ist ein Sozialraum. Das ist ein Konzept, das die afka seit einigen Jahren mit der sozialraumorientierten Schulsozialarbeit verfolgt. Ben Bohnert hat dies an der Heinrich-Meidinger-Schule beispielhaft und sehr individuell umgesetzt", sagt Vincenzo Esposito, Fachbereichsleiter Schulen bei der afka.
Wenn junge Menschen am Sprung ins Erwachsenenleben stehen, braucht es manchmal einen sicheren Ort – Schulsozialarbeit kann genau das sein: ob bei Stress in der Schule, persönlichen Themen oder einfach, um mal durchzuatmen und neue Perspektiven zu entdecken.